Höhepunkte der Pariser Modewoche waren bisher die Prêt-A-Porter-Kollektionen von Balenciaga, Rochas und Dries Van Noten. Die Fashion-Visionen hinter den Kreationen waren unterschiedlich bis deutlich gegensätzlich: Nicolas Ghesquière setzte für Balenciaga auf eine raffinierte und eher immanente Interpretation von Details aus der Mode der 1920er Jahre. Der belgische Designer Dries Van Noten entwarf für sein gleichnamiges Label Modelle mit urbaner Eleganz und einigen exotischen Inspirationen. Marco Zannini begab sich – für Rochas – auf eine Zeitreise in die 1950er Jahre – mit Etui-Kleidern, klassischen Kostümen und Accessoire-Zitaten aus dieser Zeit.
Die drei Kollektionen stehen damit auch für die ästhetischen Pole aktueller Modetrends: Retro und sehr deutliche „historische“ Reminiszenzen auf der einen Seite, ein fast zeitloses und zumindest der Tendenz nach minimalistisches Design andererseits. Die inhaltliche Klammer aller gezeigten Kreationen besteht in konsequenter Urbanität.
Balenciaga – eigenwillig, grafisch, kontrastierend
Die Schau von Balenciaga wurde erwartungsgemäß zu einem Treffpunkt der internationalen Fashion- und Lifestyle-Prominenz. Selbst so illustre Gäste wie Star-Fotograf Mario Testino und die französische Film-Ikone Catherine Deneuve wurden gebeten, das Event stehend zu verfolgen, da die Sitzreihen bereits lange vor dem Start voll belegt waren. Faszinierend war die Kollektion von Balenciagas Chef-Designer Nicolas Ghesquière auf jeden Fall – sie bot eine eigenwillige Mischung aus geometrischen Formen, Grafik-Elementen und der raffinierten Einarbeitung von Design-Elementen der „Golden Twenties“ und ein Defilee der Kontraste.
Ghesquière zeigte minimalistische Kreationen – etwa offene Mantelkleidern mit silberfarbenen Rockbahnen und Oberteilen in Rostrot oder Mint auf schwarzem Untergrund – ebenso wie hochgeschlossene Blusenshirts zu drapierten Miniröcken oder
Dries Van Noten – urban, minimalistisch, elegant
Dries Van Noten gab schon auf seinen Einladungskarten mit der Nachtaufnahme einer Großstadt einen Hinweis auf das Grundthema seiner Show. Das Defilee des Belgiers war dementsprechend explizit urban. Seine Models präsentierten zumeist schmal geschnittene, oft fast minimalistische Kreationen. Farblich dominierten Schwarz und Weiss – Kontraste setzten Einzelteile in Türkis und Fuchsia, vor allem aber die sehr zahlreich eingesetzten Foto-Prints.
Die Print-Stoffe waren ein Markenzeichen dieser Kollektion und führten Trägerinnen und „Betrachter“ auf eine landschaftliche Reise um den Globus. Die Schnitte der Modelle im Finale gaben sich danach klassisch-elegant – mit Röcken in Schwarz, Nachtblau und einem Hauch von „Sternenstaub“ in Silber.
Rochas – konservativ, klassisch, bruchlos
Die Kollektion von Marco Zannini präsentierte sich in vielen Teilen fast als Hommage an die frühe Jackie Kennedy. Sie bewegte sich durchgängig im ästhetischen Grenzbereich zwischen den „High Fifties“ und den beginnenden 1960er Jahren, auch Schuhe und Accessoires waren direkte Reminiszenzen an diese Fashion-Periode.
Auffällig und auch ein klarer Unterschied zu anderen Retro-Kollektionen mit ähnlichem „historischem“ Bezug – etwa den in Mailand vorgestellten Kreationen von Miuccia Prada – war die fast vollständige Abwesenheit von Brüchen oder einer designerischen Ironie, die den Retro-Ansatz mit heutigen Trends verbunden hätten. Möglicherweise faszinierte die Rochas-Kollektion nicht zuletzt durch diese Konsequenz. Farblich dominierten neben edlem Schwarz und Weiss Pastelltöne – inhaltlich kam in der Gesamtschau ein überraschend konservatives Frauenbild zum Tragen.
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