Haider Ackermann – 1971 in Santa Fé de Bogotá/Kolumbien geboren – gehört seit mehreren Jahren zur Gruppe der globalen Premium-Designer. Als Kind lebte er mit seinen Eltern, die für Amnesty International tätig waren, im Tschad, Algerien und Äthiopien, die Erfahrung Afrikas prägt nach eigenem Bekunden auch seine Arbeit als Designer. 1994 begann Haider Ackermann sein Design-Studium an der „Academy of Fine Arts“ in Antwerpen, brach die Ausbildung jedoch nach drei Jahren ab, weil er sie nicht mehr finanzieren konnte – die internationale Fashion-Szene nennt seinen Namen heute trotzdem in einem Atemzug mit so berühmten Antwerpener Avantgardisten wie Martin Margiela oder Ann Demeulemeester.
Nach einem Pariser Zwischenspiel als Design-Assistent von John Galliano traf Haider Ackermann in Antwerpen eher zufällig mit Raf Simons zusammen, der sich seit Mitte der 1990er Jahre erfolgreich mit avantgardistischer Herrenmode im High-Fashion-Segment etabliert hatte. Simons war begeistert von den Entwürfen des jungen Kolumbianers, wurde zu seinem Mentor und ermutigte ihn zu seiner ersten Kollektion, die Haider Ackermann schließlich 2002 zur Pariser Modewoche präsentierte.
Unabhängiger Designer mit Haute-Couture-Ambitionen
Seitdem pendelte Haider Ackermann zwischen Paris, Antwerpen und Spanien, galt bald als ein Vertreter der Pariser Avantgarde, musste jedoch noch mehrere Jahre auf seinen eigentlichen Durchbruch warten. Dieser folgte schließlich 2009 mit einer von Branche und Publikum intensiv gefeierten Kollektion, die Fashion-Urgestein Karl Lagerfeld dazu bewog, von Ackermann als seinem „einzig vorstellbaren Nachfolger“ bei Chanel zu sprechen. 2011 wurde Haider Ackermann als einer der Favoriten für John Gallianos Nachfolge bei Dior gehandelt – die Position wurde schließlich an Raf Simons vergeben. Haider Ackermann arbeitet bis auf weiteres als unabhängiger Designer, eine künftige Karriere bei einem Pariser Haute-Couture-Haus steht allerdings inzwischen auf seiner persönlichen Agenda.
„Slow Fashion“ mit ungewöhnlichen Materialien und Kontrasten
Haider Ackermanns Entwürfe stehen ganz sicher für – bisher „inoffizielle“ – Haute Couture. Seine Kreationen leben von ästhetischen Kontrasten, bei denen urbane Eleganz und Minimalismus auf ethnische Motive treffen. Eines der Lieblingsmaterialien von Haider Ackermann ist feines Leder, das er für seine Kollektionen zu raffinierten Looks mit Streetwear- und Avantgarde-Elementen verarbeitet. Ackermanns wichtigstes Markenzeichen sind jedoch opulente Stoffe, experimentelle Drapeés und Layerings. Seine grundlegende Fashion-Philosophie beruht ebenso auf Verhüllung wie dem Spiel mit Cuts und Transparenzen. Seine Kollektionen sind durch eine klare, oft fast abstrakte Formensprache, filigrane Schnitte und gleichzeitig ein sehr „kraftvolles“ Design geprägt.
Im Mai 2012 reist Haider Ackermann zunächst nach Kolumbien, also in sein Geburtsland, das er bisher nicht kennt. Auch die Reise in seine eigene Vergangenheit – übrigens auf Einladung der kolumbianischen First Lady – wird wohl in seiner designerischen Arbeit ihre Spuren hinterlassen. Zu wünschen ist ihm, dass er sich in einem zukünftigen Haute-Couture-Engagement sein „Slow Fashion“-Konzept bewahren kann – diese Apostrophierung stammt übrigens von der US-amerikanischen Modekritikerin Suzy Menkes, die dazu schrieb, dass Ackermanns auf außergewöhnliche Materialien fokussierten Kollektionen dazu da sind, „jahrelang geliebt zu werden“.
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