Designermode aus Skandinavien gilt seit längerem als ein Synonym für Avantgarde-Konzepte. Im Vordergrund standen bisher dänische und schwedische Labels und Designer: Stine Goya, Malene Birger, das Kreativ-Team um Jonny Johansson und seine Marke Acne Studios, das Label Wood Wood oder auch die H&M-Ableger COS und Weekday.
Die aktuelle Fashion-Offensive aus dem hohen Norden fokussiert sich dagegen auf Island oder Finnland. Auf der Weltkarte der Mode galten beide Länder bislang eher als „weiße Flecken“. Das „Reykjavik Fashion Festival“ sowie das „“Internationale Festival für Mode und Fotografie“ im südfranzösischen Hyères, dessen Hauptpreis 2012 an drei finnische Designerinnen ging, eröffneten in dieser Hinsicht mehr als eine neue Perspektive. Die jungen Kreativen aus Reykjavik und Helsinki verstehen sich als Avantgarde-Designer auf der Grenzlinie zwischen Fashion-Welt und Szene-Kunst, ihre aktuellen Schauen – etwa von Gudmundur Hallgrímsson aus Island mit seinem Video-Event in der Reykjaviker Oper – gerieten oft zu postmodernen Happenings.
dottirDOTTIR – Kreativ-Projekt zur Berlin Fashion Week
Zur Berlin Fashion Week im Juli 2012 präsentiert sich die nordische Mode-Avantgarde nun auch einem deutschen Publikum. In Berlin-Mitte öffnet dafür vom Beginn der Fashion Week bis zum 28. Juli 2012 der temporäre Showroom dottirDOTTIR seine Pforten. Sechs der dort gezeigten Kollektionen, darunter die aktuellen Kreationen von Hallgrímssons Fashion-Label „Mundi“, werden aus Island kommen, die anderen Labels haben ihre Wurzeln in Grönland und den Färöer-Inseln.
Zu den treibenden Kräften hinter dem Projekt gehört die Isländerin und Wahl-Berlinerin Hulda Rós Gudnadóttir – die Künstlerin, Kuratorin und Filmproduzentin wird die skandinavischen Mode-Kollektionen als moderne Kunstinstallationen inszenieren.
Island, Grönland, Faröer – Aufbruch in die internationale Modeszene
Spannend lesen sich im Vorfeld Gudnadóttirs Überlegungen zur Historie von Mode und Kunst in Island. Im „Welt“-Interview sprach sie über „fehlende“ bourgeoise Traditionen, was unter anderem dazu führe, dass sich Isländer kaum über „berufliche und andere Kategorien“ definieren – nicht zuletzt aus diesem Grund agierten Modedesigner in ihrer Heimat in sehr unterschiedlichen und oft auch künstlerischen Zusammenhängen. Übrigens präsentiere auch ihre Kollegin Linda Björg Árnadóttir ihr Label „Scintilla“ in den dottirDOTTIR-Räumlichkeiten – die Mode-Chefin der Kunstakademie in Reykjavik hat laut Hulda Rós Gudnadóttir mit ihren Kontakten in die Pariser Modeszene maßgeblich zur internationalen Wahrnehmung der jungen Avantgarde-Designer aus dem Norden beigetragen. Vielleicht folgt demnächst in Berlin nun auch ihr kommerzieller Durchbruch.
Svenja Evers, die Chefin der Berliner PR-Agentur Bold, in deren Räumen dottirDOTTIR ein Quartier gefunden hat, zeigte sich auch in dieser Hinsicht optimistisch, aus ihrer Sicht schaffen die jungen Skandinavier, mit ihrer Mode „Tradition in die Moderne zu transportieren“ und werden damit künftig auch erreichen, in Berlin ebenso wie in New York präsent zu sein.
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