Die Italienerin Elsa Schiaparelli war neben Coco Chanel eine der größten europäischen Modeschöpferinnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Geboren wurde sie am 10. September 1890 im Rom als Tochter einer neapolitanischen Adligen und des römischen Orientalisten und Sanskrit-Experten Celestino Schiaparelli. Am 13. November 1973 starb sie in Paris.
Elsa Schiaparelli genoss einen klassischen – für Frauen ihrer Generation durchaus untypischen – Bildungsweg, sie studierte Philosophie an der Universität von Rom, publizierte in dieser Zeit einen sinnlichen und das Publikum schockierenden Gedichtband und kam durch ihren familiären Hintergrund früh in Berührung mit der intellektuellen und künstlerischen Szene ihrer Zeit. Die Basis ihrer Kreativität war von Anfang an luxuriös, gleichzeitig wehrte sie sich gegen den – in ihren Worten -„Schoss des Luxus“ und versuchte, sich diesem Ambiente zu entziehen. Nach einer Zwischenstation in London folgte sie ihrem Ehemann, dem französisch-schweizerischen Philosophen Graf William de Wendt de Kerlor, nach New York – der Big Apple sollte mit seiner konsequenten Modernität für die junge Frau eine faszinierende und stilbildende Erfahrung werden.
Nach dem Scheitern ihrer Ehe entschied sie sich gegen die Rückkehr nach Italien und für einen Neustart in Paris. In New York hatte sie über Gaby Picabia, die Ex-Ehefrau des französischen Dadaisten Francis Picabia, Kontakt zu Künstlern wie Man Ray und Marcel Duchamps bekommen, die den entscheidenden Impuls für ihren Umzug in die Seine-Metropole gaben.
Durchbruch mit Knit-Wear und surrealistischer Inspiration
Seit 1922 lebte Elsa Schiaparelli in Paris. Ihr Durchbruch als Designerin folgte 1927. Die Legenden der Fashion-Szene besagen, dass sie sich für den Besuch einer Modenschau einen Pullover mit eingestickter weißer Schleife entwarf und strickte, der so gut ankam, dass eine Freundin – die Schriftstellerin Anita Loos – ihre Arbeit so hochkarätigen Bekannten wie Greta Garbo, Mae West und Joan Crawford empfahl. Auf ihre erste Kollektion aus surrealistisch inspirierten Strick-Modellen folgte ein Jahr später eine zweite Linie, die Leinenkleider, Badeanzüge und Ski-Kleidung einschloss. 1928 eröffnete „Schiap“ ihre erste eigene Boutique.
Darauf folgte eine Erfolgsgeschichte, die erst mit der deutschen Besetzung von Paris am 14. Juni 1940 abbrach. Bis dahin galt Elsa Schiaparelli als eine der kreativsten und originellsten Modeschöpferinnen überhaupt – inspiriert wurden ihre Kreationen durch die Pariser Surrealisten- und Dadaisten-Szene. Pablo Picasso und Salvatore Dalí zählten zu ihren engeren Freunden, die Prints ihrer Entwürfe stammten teilweise aus der Feder von Jean Cocteau. Coco Chanel sah die Konkurrentin nicht vordergründig als Repräsentantin der Couture, sondern als „die italienische Künstlerin, die Kleider macht.“
In ihrem designerischen Konzept setzte Elsa Schiaparelli nicht nur auf eine innovative Formensprache, sondern auch auf ein in der Couture neues geschäftliches Modell – ihr Label stand nicht nur für exklusive Kleider-Kreationen, sondern auch für Accessoires von Lederwaren bis zu Schmuck und Uhren. Schiaparelli-Düfte waren in den 1930er Jahren berühmt.
Rückzug aus der Couture in den 1950er Jahren
1940 emigrierte die Modeschöpferin nach New York und privatisierte notgedrungen. In der Nachkriegszeit revitalisierte sie ihr Modehaus, musste jedoch feststellen, dass sich die Couture in ihrer Philosophie und Formensprache grundsätzlich geändert hatte. Tonangebend war in den späten 1940er und 1950er Jahren weltweit der „New Look“ Christian Diors – und damit nicht mehr die modisch-künstlerische Provokation der Vorkriegsjahre, sondern ein zwar glamouröses, aber auch konventionelles Mode- und Frauenbild. 1954 – im Comeback-Jahr von Coco Chanel – entschloss sich Elsa Schiaparelli, ihr Modehaus zu schließen. Bis zu ihrem Tod 1973 lebte sie in Paris und Tunesien.
Hinterlassen hat sie uns nicht nur ihre inzwischen historischen Kreationen auf der Grenzlinie zwischen Kunst und Mode, sondern auch das Konzept der Runway-Shows, wie wir sie heute kennen, die Favorisierung eines androgynen – selbstbewussten, unabhängigen – Frauentyps in der Fashion-Ikonografie und die Öffnung der Couture-Welt für zeitgenössische Pop-Kultur. Das Costume Institute of the Metropolitan Museum of Art in New York widmet Elsa Schiaparelli und der kongenialen italienischen Designerin Miuccia Prada im nächsten Jahr eine Ausstellung, in deren Fokus die modischen Avantgarde-Konzepte der beiden Frauen stehen.
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