Der Flagship-Store von Gucci in Shanghai wurde 2009 eröffnet. Gucci-Chefdesignerin Frida Giannini wirkte seinerzeit am architektonischen Konzept des Hauses persönlich mit – Fassade und Interieur des Gebäudes an der Plaza 66 sollten für die wachsende chinesische Präsenz der Marke ebenso wie für den „Gucci-Look des 21. Jahrhunderts“ stehen.
Drei Jahre später fand Gucci es offensichtlich an der Zeit, seine Luxus-Outfits im „Reich der Mitte“ nicht nur zu verkaufen, sondern auch persönlich und vor prominentem Publikum zu präsentieren. Frida Giannini absolvierte so gestern in Shanghai gleich drei hochkarätige Termine – einen Lunchtime-Cocktail zum Start der chinesischen Gucci-Kampagne mit Schauspielerin Li Bing Bing, die erste Gucci-Runway-Show in China vor 500 Gästen sowie eine After-Show-Party im „Gucci Club“, bei der unter anderem Pop-Legende Brian Ferry eine exklusive Live-Performance gab. Neben ihrer opulent-romantischen Herbst-Winter-Kollektion 2012 hatte Giannini auch eine Serie von früheren „Premieren-Roben“ aus den Archiven des Hauses Gucci nach Shanghai mitgebracht.
Runway-Shows außerhalb der „traditionellen“ Fashion Weeks
Gucci ist damit in diesem Monat bereits die zweite Luxus-Marke, die in Shanghai ihre Kreationen zeigte. Bereits in der vergangenen Woche hatte Dior-Interims-Designchef Bill Gaytten im „House of Roosevelt“ seine Haute-Couture-Kollektion vorgestellt. Für Dior war der Termin ebenfalls eine „chinesische Premiere“, für Bill Gaytten vermutlich auch ein etwas zwiespältiges Ereignis: Die erste Haute-Couture-Kollektion des Briten wurde zur Pariser Modewoche im Januar 2012 von Publikum und Medien intensiv gelobt, die Show in Shanghai trug dem Designer auch in Asien Anerkennung ein – gleichzeitig wird die Kollektion vorerst Bill Gayttens einziges Intermezzo in der Haute-Couture-Welt bleiben, nachdem Raf Simons Anfang April 2012 als John Gallianos offizieller Nachfolger bestätigt wurde.
China ist der Luxusgüter-Markt der Zukunft
Gucci und Dior hatten im Vorfeld der Events dafür gesorgt, dass in ihren Entouragen medienwirksame „westliche Prominenz“ präsent war – mit Gucci reisten neben Brian Ferry unter anderem Hollywood-Star Hilary Swank und Agnelli-Enkel Lapo Elkann nach China, mit Dior kamen neben anderen Prominenten internationale Top-Models wie Daphne Groenewold, Natalia Vodianova und Events zeigen eindrucksvolle Impressionen einer neuen chinesischen Elite, die kaufkräftige Business-Tycoons – darunter übrigens viele Frauen – ebenso umfasst wie die lokale Kunst-, Show- und Lifestyle-Szene mit ihren Stars.
Eine ebenso deutliche Sprache sprechen Wirtschaftsdaten: Das moderne China wird zum Schlüsselmarkt für Luxusgüter. Nach Schätzungen von Analysten werden sich die Umsätze dieses Marktsegments in diesem und im nächsten Jahr weltweit um jeweils etwa zehn Prozent vergrößern, einschlägige Prognosen rechnen damit, dass 2012 mindestens ein Drittel dieser Ausgaben entfällt. Spannend bleibt, wann sich das Land auch in dieser Branche vom reinen Konsumenten zum kreativen Produzenten weltweit nachgefragter Luxus-Mode wandelt. Coco Chanels Mode-Kreationen begleiteten und reflektierten seinerzeit eine Ära großer sozialer, politischer und wirtschaftlicher Transformationen in der westlichen Hemisphäre – der internationale Durchbruch einer „Coco Chanel“ aus Shanghai, Hongkong oder Peking dürfte in absehbarer Zeit auf der Agenda der globalen Fashion-Szene stehen.
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