Als Domenico Dolce und Stefano Gabbana zur Milano Fashion Week im September 2011 die Einstellung ihrer bis dato sehr erfolgreichen Zweitlinie „D&G“ verkündeten, sprachen sie gleichzeitig von einem neuen Dolce & Gabbana-Kreativprojekt, das die DNA von „D&G“ in die Hauptkollektionen integrieren und das Designer-Duo auf eine kreative Reise zu seinen „Wurzeln“ führen sollte.
Inzwischen scheint es, als ob die sizilianischen Wurzeln von Signore Dolce mindestens die ersten Stationen dieser Reise prägen werden. Die Herbst-Kampagne von Dolce & Gabbana inszeniert unter anderem die Schauspielerin Monica Belluci in einer familiären – und sehr „sizilianischen“ Kulisse. Zur „Milano Moda Uomo“ schickten die beiden Designer 70 sizilianische Laien-Models inklusive Folklore-Band auf den Runway. Jetzt wurde bekannt, dass Dolce & Gabbana ihr Haute-Couture-Debüt nicht in Paris, sondern in Taormina/Sizilien präsentieren werden.
Chambre Syndicale: Strikte Regeln für Haute Couture
Ab Sonntag trifft sich die Creme der internationalen Fashion-Welt zur Haute-Couture-Woche in Paris – eingeladen wird dazu jeweils durch die Chambre Syndicale. Das höchste französische Mode-Gremium legt auch fest, welche Labels und Designer in diesen Olymp der Mode aufgenommen werden und welche Regeln dafür gelten. Grand Couturiers müssen ganzjährig in Paris ein Atelier mit mindestens 15 Näherinnen unterhalten, ihre Marke von Paris aus führen und zu den Haute-Couture-Wochen zweimal jährliche Kollektionen mit mindestens 35 „Passagen“ präsentieren, die komplett von Hand gefertigt wurden.
Die Entscheidung von Dolce & Gabbana ist vor diesem Hintergrund aus verschiedenen Gründen spannend. Dass die beiden mit ihren Kreationen auch Haute-Couture-Qualitäten erfüllen können, dürfte in der Branche seit Jahren ein „offenes Geheimnis“ sein. Haute-Couture-Roben aus ihrem Atelier sorgten unter anderem zur „Costume Institute Gala“ des New Yorker „Metropolitan Museum of Modern Art“ zu sehen für den „ganz großen Auftritt“ von Stars wie Scarlett Johansson und Bianca Brandolini. Spätestens seit dem Aus für „D&G“ spekuliert die Branche offensiv über ein offizielles Engagement von Dolce & Gabbana in der Haute Couture.
Unabhängigkeit durch Couture für private Kunden?
Um den „offiziellen“ Status als Grand Couturier hat sich das Designer-Duo indessen nie bemüht – und hält dies auch in Zukunft möglicherweise nicht für nötig. Ihre handgefertigten Haute-Couture-Roben präsentieren Dolce & Gabbana am 9. Juli 2012 in einem kleinen Kreis – ohne Presse und ausschließlich vor privaten Kunden. Das Label wählt für seine Haute Couture damit ein unabhängiges Konzept, das beispielsweise Azzedine Alaia sein Leben lang verfolgt hat, im letzen Jahr hat die Chambre Syndicale ihm dafür – nachträglich und endlich – einen offiziellen Rang als Couturier respektive eines korrespondierenden Mitglieds des Gremiums verliehen.
Und nochmals Sizilien: Die Rückkehr „zu den Wurzeln“ verleiht Dolce & Gabbana derzeit eine Authentizität, die ihren Auftritt vom normalen Fashion-Business zumindest der Tendenz nach unterscheidet. Wir sind gespannt – wann Bilder ihrer Haute-Couture-Kreationen nach außen dringen und auch, wie sie das Konzept zur Milano Fashion Week im Herbst auf den Runway bringen.
Kommentiere als erstes!