Karl Lagerfeld – inzwischen 78 – bewältigt auch in diesem Herbst ein immenses Arbeitspensum. In der vergangenen Woche präsentierte er auf der Milano Fashion Week seine Kollektion für das italienische Luxus-Label Fendi. In Paris ist er mit seiner heute vorgestellten Prêt-a-Porter-Linie für Chanel präsent und war Stargast auf dem Off-Event des Sportswear-Labels Hogan, für das er bereits die dritte Kollektion entworfen hat. Nach dem Abschluss der großen Modeschauen wird Karl Lagerfeld die Kampagnen-Shootings seiner Marken persönlich leiten.
Der FAZ sagte der große Couturier jetzt in einem Interview, dass er die Arbeit für verschiedene Labels als persönlich stimulierend sehe – ein eher ungesunder „Elfenbeinturm“ sei es, wenn er beispielsweise nur für Chanel entwerfen würde. Die von anderen Star-Designern geschätzten langen Ferien nach dem Abschluss einer Kollektion bedeuten für Karl Lagerfeld Isolation und die Unterbrechung seiner Verbindung zur Modewelt, was er heute nicht mehr will. Unterschwellig klang dabei durchaus „Zeitdruck“ an – nicht wegen der „immer kürzer werdenden Abstände zwischen den Kollektionen“ – sondern vor allem im Hinblick auf knapper werdende Lebenszeit und seine bisher ungebrochene Kreativität.
Karl Lagerfeld favorisiert Marc Jacobs für Dior
Natürlich spielte auch die Frage nach der Nachfolge von John Galliano bei Dior im Interview mit der FAZ eine Rolle. Karl Lagerfelds Favorit – und aus seiner Sicht wahrscheinlich auch des LVMH-Chefs Bernard Arnault – war und ist Marc Jacobs. Dieser passe sehr gut zum besonderen Stil von Dior und sei gut für „Improvisation und Themen“. Die zehn Millionen US-Dollar Gehalt pro Jahr, die bisher im Raum stehen, sind aus Lagerfelds Perspektive angemessen: Einige andere Designer würden vielleicht noch mehr fordern – und Dior entsprechend mehr Profit einbringen.
Die heutige Europa-Idee ist kommerzialisiert
Interessant war Lagerfelds Statement zu Europa: Er wünsche sich Strukturen, in denen Menschen lokal arbeiten, lokal konsumieren und dadurch Arbeit haben. Für die Idee von Europa sei er indessen durchaus offen – allerdings mehr im aufgeklärten Sinne des 18. Jahrhunderts und nicht der heutigen – ohnehin beschränkten – Kommerzialitätsidee. Die Mailänder Modewoche stand in seinen Augen ästhetisch auch für die diversen europäischen Skandale – omnipräsente Badeanzüge mit Strass und Glitter als eine mögliche Ikone für das etwas vulgäre Italien Berlusconis.
Die aktuelle Pariser Kollektion: Dezente Hommage an Coco Chanel
Karl Lagerfelds aktuelle Kollektion für Chanel war auf jeden Fall ein Gegenpol zu jedem allzu vordergründigen designerischen Statement. Die inszenierte Unterwasserwelt des Runways entsprach dem ästhetischen Thema seiner Kreationen: Muschelfarben, zarte Schimmer-Stoffe, Accessoires in Muschel-und Korallen-Optik und viele – sehr viele – Perlen als eine dezente Hommage an Coco Chanel.
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