Cathy Horin, die Modekritikerin der „New York Times“, reagierte bereits am zweiten Tag der New York Fashion Week inhaltlich wenig begeistert bis genervt. In einem vorläufigen Überblick der Schauen fasste sie zusammen: Brave, verkäufliche, vollkommen uninspirierte Mainstream-Mode.
Damit orientieren sich auch die jungen Designer der Fashion Week am generellen Image der Modestadt New York: Der Big Apple gilt längst als modisch etabliert und mit einem eigenen Mainstream-Katalog versehen. Die meisten auf der Fashion Week gezeigten Kollektionen sind nicht avantgardistisch oder experimentell, sondern vor allem tragbar und an der Formensprache klassischer Sportswear ausgerichtet.
Drei junge asiatische Designer – neben Alexander Wang mit seinem US-amerikanisch-taiwanesischen Hintergrund der Nepalese Prabal Gurung und der Taiwanese Jason Wu – haben in diesem Jahr den New York Fashion-Kanon aufgebrochen. Die Kollektionen aller drei Newcomer auf der Fashion Week überzeugten designerisch und durch glaubhaften Avantgarde-Spirit.
Alexander Wang – Rigorose Urban Sportswear
Alexander Wang wuchs in San Francisco als Sohn taiwanesischer Immigranten auf, studierte Modedesign an der bekannten New Yorker „Parsons School of Design“ und publizierte 2007 seine erste Kollektion, damals ganz in Cashmere. 2009 gewann er den Swiss Textiles Award.
Auf der Fashion Week präsentierte Wang – für New York eher wenig überraschend – urbane Sportswear, die sich allerdings fast rigoros an ihren Vorbildern aus den Stadien orientierte und mit originellen Formen und Materialien überraschte. Seine Markenzeichen bei dieser Kollektion: Leder und Nylon, in Schwarz und Neonfarben und mit zahlreichen Perforationen.
Prabat Gurung – Mode zwischen Barock und Fetisch
Prabat Gurung stammt aus der nepalesischen Hauptstadt Katmandu. Nach seinem Designstudium in New Delhi und einem Praktikum beim indischen Star-Designer Manish Arora zog es ihn nach New York. Hier studierte er an der „Parsons School of Design“ und arbeitete für einige eingeführte Marken, bevor er im letzten Jahr mit seinem eigenen Label antrat – und damit unter anderem Michelle Obama, Oprah Winfrey und Demi Moore begeistern konnte.
Gurung hält nichts von funktionaler Mode oder minimalistischem Design. Seine Kreationen changieren zwischen Barock und Fetisch ebenso wie zwischen Couture und Streetwear. In seiner Frühjahrs-Kollektion präsentierte er opulente Kreationen: Ultra-feminine Kleider mit Digital-Prints und Cut-Outs, ein Farbenspiel aus Mauve, Opal, Türkis, Weiss und Schwarz. Prabat Gurung ist inzwischen bekannt für einen recht extremen Material-Mix, auch jetzt reichten die eingesetzten Kombinationen von Tüll, Guipure-Spitze, Crêpe de Chine und Seiden-Georgette bis zu Latex und Nappaleder.
Jason Wu
Seinen Durchbruch in die Premium-Liga der Fashionszene erlebte der Taiwanese Jason Wu am 20. Januar 2009. An diesem Tag trug Michelle Obama zur Ballnacht anlässlich der Amtseinführung Barack Obamas eine Robe aus seinem Atelier – ein langes weißes Abendkleid aus Chiffon, Stoffblumen und Kristallen. Drei Jahre zuvor hatte der heute 30-jährige sein eigenes Label in New York gegründet – heute gehört er zur amerikanischen Design-Elite.
Seine aktuelle Kollektion wiederholt thematisch teilweise den „Michelle Obama“ Stil von 2009 – neben zarten Kreationen aus Chiffon gibt es allerdings auch Shorts und Nylon-Jacken sowie zahlreiche asymmetrische Kleiderschnitte. Die floralen Prints für einige der neuen Wu-Modelle entstanden zusammen mit dem New Yorker Graffiti Artist Kaws.
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