Nach dem Abschluss der Pariser Modewoche dreht sich das Karussell der internationalen Fashion Weeks jetzt in Asien und Osteuropa weiter. Während die Events in Polen und der Ukraine eher von regionaler Bedeutung sind, haben die Mercedes Benz Fashion Weeks in Tokio – in der letzten Woche – und seit Dienstag abend in Beijing für Asien den gleichen Stellenwert wie für uns die großen Schauen in Paris, New York und Mailand. Von der „westlichen“ Modewelt werden sie nur beiläufig wahrgenommen: Formensprache, Traditionslinien und auch die Frauenbilder asiatischer Couture – Manga-Ästhetik und Geisha-Reminiszenzen in Japan, der „große historische Wurf“ in China – bleiben europäischen Beobachtern oft fremd. Zwar gilt beispielsweise China als der am schnellsten wachsende Luxusmarkt der Welt – die großen europäischen Couture-Häuser sind im Reich der Mitte jedoch „nur“ mit ihren Produkten, jedoch bisher nicht mit ihren Kreativen vertreten.
Eine Bresche in diese kulturelle Mauer schlug jetzt in Beijing die Düsseldorferin Dorothee Schumacher, die als erstes europäisches Label überhaupt auf der Beijing Fashion Week eine Kollektion vorstellte und vom chinesischen Publikum gefeiert wurde.
NE-TIGER zeigte Traditionslinien chinesischer Couture
Die führende chinesische Luxus-Marke NE-TIGER eröffnete die Beijing Fashion Week mit einer fulminanten Show, die gleichzeitig den künstlerisch-ästhetischen Rahmen der Beijing Fashion Week im Ganzen definierte. Die Wurzeln der „Tang-Jing“-Kollektion des Labels reichen weit in die chinesische Geschichte. NE-TIGER bezog sich mit den Kreationen auf die Tang-Epoche als einer Blütezeit chinesischer Kultur. NE-TIGERs Revitalisierung der prunkvollen Gewänder dieser Zeit – der Hua Fus – brachten Web-und Textiltechniken zurück, die im modernen China fast vergessen waren und begründete eine „traditionell“ chinesische Couture.
Gleichzeitig stellte NE-TIGER die Kollektion in einen spirituellen Rahmen. Die Fashion-Show wurde durch den Gesang des buddhistischen Musikers und Sängers Jing Shanyuan begleitet. Der Moderator des Events, Zhang Zhifeng, verortete die Kollektion nicht nur in der chinesischen Geschichte, sondern auch im Zen-Buddhismus.
Das erste europäische Label: Dorothee Schumacher
Die deutsche Mode-Designerin Dorothee Schumacher reiste mit einer exklusiven Einladung von Mercedes Benz nach Beijing und präsentierte ihre Kollektion dort als erstes europäisches Label überhaupt. Die 45-jährige Düsseldorferin gilt mit ihren handwerklich exzellenten und stark Couture-orientierten Entwürfen in Deutschland eher als Geheimtipp – im Ausland ist ihr Label „Schumacher“ mit eigenen Boutiquen in mehr als 40 Ländern aktiv. „Schumacher“-Stores gibt es unter anderem in Japan, den USA und Dubai.
In Beijing zeigte Dorothee Schumacher eine Frühjahrs-Sommer-Kollektion unter dem Motto „Couture Marries Sport“. Für ihre Schau stand unter anderem das chinesische Super-Model Liu Wen auf dem Laufsteg. Schumachers Kreationen waren minimalistisch schlicht und wirkten gerade deshalb äußerst luxuriös.
Die Designerin verarbeitete dafür vorwiegend leichte, fließende Materialien und setzte starke farbliche Akzente – neben Naturtönen standen so plakative Farben wie „Toxic Lemon“ oder „Lucid Pink“. Im Vergleich zum opulenten und fast barocken Stil vieler in Beijing präsenter asiatischer Designer wirkten Dorothea Schumachers Kreationen sehr zurückgenommen und „exotisch“ – ihr Publikum und nicht zuletzt die Medien in China feierten sie dafür.
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