Nicolas Ghesquière, der Kreativ-Direktor des Pariser Luxus-Labels „Balenciaga“, gab der „Vogue“ ein Interview, das in der November-Ausgabe des Magazins erscheint. Darin formulierte er seine Sicht auf die generelle Zukunft der Modebranche und erzählte über seine Arbeit für „Balenciaga“.
Der heute 40-jährige Franzose ist bereits seit 15 Jahren für „Balenciaga“ tätig und führte noch in den 1990er Jahren das damals recht marode Unternehmen auf einen bis heute anhaltenden Erfolgskurs zurück. Heute gilt er als einer der absoluten Stars der Branche und vielen als eine Art „Prophet“, der mit seinen Kollektionen nicht nur saisonale Trends, sondern die langfristige Entwicklung der Mode mitbestimmt. Auf der letzten Pariser Modewoche brillierte er mit einer minimalistischen und sehr urbanen Kollektion mit Grafik, geometrischen Elementen und impliziten Retro-Reminiszenzen.
Kreative Revitalisierung von „Balenciaga“
Den Design- und Markterfolg von „Balenciaga“ betrachtete Nicolas Ghesquière als eine große persönliche Genugtuung – als das, was er sich „vor 15 Jahren gewünscht und erhofft“ hatte. Heute sieht er „Balenciaga“ als ein nachhaltig etabliertes Label mit weltweit etwa 50 eigenen Boutiquen. Seit 2010 ist das Haus auch wieder mit einem eigenen Duft am Markt präsent – die zweite Parfüm-Kreation Nicolas Ghesquières kommt in Kürze in den Handel. Auch die Übernahme von „Balenciaga“ durch die Gucci Group respektive dem französischen Luxusgüter-Konzern PPR im Jahr 2001 sieht er bis heute als sehr positiv. Allerdings: Der ökonomische und designerische Druck sei heute erheblich höher als in Ghesquières Anfangsjahren.
Enorme Beschleunigung der Fashion-Branche
Nicht nur für „Balenciaga“, sondern für die Branche insgesamt sprach Nicolas Ghesquière von einer enormen Beschleunigung aller Prozesse mindestens in den letzten zehn Jahren. Für sich selbst stellte er fest, dass er als Jung-Designer noch den Luxus hatte, zwischen zwei Kollektionen über seinen kreativen Ansatz und nicht zuletzt seine Fehler zu reflektieren und daraus zu lernen. Im Vergleich dazu spielen heute zwar zumindest bei den Luxus-Labels die finanziellen Investitionen in eine Kollektion kaum eine Rolle – Nachwuchs-Kreative müssten jedoch oft schon mit 21 Jahre Star-Erfolge erzielen, um sich in der Premium-Liga der Modebranche zu behaupten. Gleichzeitig ginge es heute nicht um zwei, sondern vier große Kollektionen pro Jahr und daneben noch eine obligatorische „Capsule Collection“.
An „Balenciaga“ – dem französischen Modehaus mit spanisch-baskischen Wurzeln – liebt Nicolas Ghesquière auch heute das reiche kreative Erbe des Labels und die Überlappungen der Kreationen des Firmengründers Cristóbal Balenciaga mit moderner Kunst. Auch wenn sich der Designer von seinem großen Vorgänger längst kreativ emanzipiert hat, seine eigenen Entwürfe betrachtete er auch im „Vogue“-Gespräch als „konstanten Dialog“ zwischen der Geschichte der Mode insgesamt und seiner persönlichen Historie bei „Balenciaga“.
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