Nach den Schauen von Balenciaga und Balmain hatte die Pariser Modewoche gestern Abend zwei weitere Attraktionen zu bieten. Der US-amerikanische, jedoch seit langem in Paris lebende und arbeitende Designer Rick Owens zeigte eine dunkel-mystische, von Gothic-Elementen inspirierte Modelinie. Für das Traditionshaus Nina Ricci präsentierte Peter Copping eine „klassische“ Pariser Kollektion mit Reminiszenzen an den Modestil der 1920er bis 1970er Jahre.
Derartige Kontraste machen – neben dem Flair der Seinestadt und den großen Namen der französischen Couture – die Pariser Modewoche gegenüber den andren internationalen Fashionweeks unverwechselbar. In Paris trifft seit jeher „Tradition“ – definiert als Eleganz und die modische Inszenierung weiblicher Schönheit – auf unkonventionelle bis revolutionäre ästhetische Konzepte. Erinnert sei in diesem Kontext etwa an den internationalen Durchbruch des japanischen Avantgarde-Labels Comme des Garçons nach seinem europäischen Debüt zur Pariser Modewoche 1980 oder die Schauen der Niederländerin Iris van Herpen, die ihre avantgardistischen Kreationen im Grenzbereich zu expliziter Kunstperformance allerdings nicht im derzeit in Paris gezeigten Prêt-a-Porter-Segment, sondern als Gast der Chambre Syndicale zur Pariser Haute-Couture-Woche präsentiert.
Rick Owens – Gothic-Styles in Cashmere und Leder
Rick Owens hat über seine Kreationen einmal gesagt, dass er versuche, Mode in der Art und Weise zu entwerfen, wie Lou Reed Musik gemacht hat – direkt und mit einem nur minimalen Wechsel der Akkorde, „süß“, jedoch auch ein wenig „gruselig“. Seine neue Kollektion erfüllt alle Kriterien dieser Selbstbeschreibung – und ist aus unserer Sicht eine der spannendsten Modelinien in der Zusammenschau aller aktuellen Fashion Weeks.
Viele Models in Rick Owens´ Runway-Show wirkten in ihren bodenlangen Gewändern und losen darüber getragenen Mänteln wie die dunklen Protagonistinnen einer Fantasy-Erzählung. Zu diesem Eindruck trug sicher auch ihr Styling bei – der Designer kombinierte alle seine Looks mit helmartigen Strickmützen und Fadenmasken. Thematisch bewegte sich die Kollektion von „Fließendem“ – weich fallenden, fast schmucklosen Roben in Grau und Anthrazit – zu einigen durch kantig ausgeführte Ledermäntel oder-Jacken sich fast rüstungsartig gebenden Ensembles. Andere Looks wirkten durch die Kombination der schmalen, weichen Röcke mit kurzen Lederjacken trotz ihrer insgesamt sehr distanzierten Aura ausgesprochen feminin. Im Finale seiner Schau führte Rick Owens dann noch ein zweites modisch-ästhetisches Thema ein – kniekurze Kleider mit Karos, Layer-Looks und grafischen Strukturen.
Nina Ricci – modische Zeitreise durch das 20. Jahrhundert
Nina Ricci-Chefdesigner Peter Copping ließ wissen, dass ihn zu seiner Herbst-Winter-Kollektion 2012 ursprünglich ein junges Mädchen inspirierte – im Verlauf der Show erwies sich, dass er respektive seine junge Muse sich dafür auf eine Zeitreise durch die Mode-Welten des 20. Jahrhunderts begeben hatte und aus historischen Zitaten und „Einzelstücken“ der 1920er bis 1970er Jahre einen sehr individuellen Look kreierte.
Wie bei einer Kollektion von Nina Ricci nicht anders zu erwarten, ging es dabei durchgängig um Femininität und Glamour – herausgekommen ist eine sehr ästhetische und gerade im Pariser Kontext „klassisch“ wirkende Fashion-Linie.
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