Am Anfang stand tatsächlich ein Herrenwitz – Louis Réard, ein französischer Autoingenieur mit Designambitionen, fand, dass eine Frau eigentlich eine Geschenkverpackung ist – schön anzuschauen, aber eigentlich wolle man doch vor allem die Seidenbänder öffnen, um an den Inhalt zu kommen. Mit dieser Definition im Kopf machte er sich ans Designen – am 5. Juli 1946 präsentierte das Revuegirl Micheline Bernardini den ersten neuzeitlichen Bikini im Pariser Nobel-Bad „Molitor“.
Reizendes Nichts mit kalkulierter Sprengkraft
Der knappe Zweiteiler löste im prüden Nachkriegs-Europa einen Skandal aus. Das öffentliche Tragen von Bikinis wurde zur polizeirelevanten Ordnungswidrigkeit und Bikini-Schöpfer Réard musste vor Gericht. Gestört haben dürfte ihn das nicht – wahrscheinlich hatte er diese Art Publicity sogar fest eingeplant, was auch der Name des Bikinis nahelegt. Vier Tage vor der Show im „Molitor“ hatten die Amerikaner auf dem Bikini-Atoll im Südpazifik eine Atombombe gezündet – Réard kommentierte charmant und zynisch, dass die Explosivität seiner kleinen „Création“ der Durchschlagskraft der Bombe doch durchaus nahekäme.
Geschadet hat ihm seine Insensibilität übrigens nicht – die auf seinen Namen eingetragene Gattungsbezeichnung „Bikini“ legte den Grundstock für ein Millionenvermögen, das ihm bis zu seinem Tod im schweizerischen Lausanne die Existenz eines lebensfrohen Privatiers erlaubte. Auch Micheline Bernardini profitierte vom Bikini-Skandal. Den Job rund um das (auf-)reizende Nichts hatte sie vor allem deshalb bekommen, weil sich kein seriöses Mannequin dazu bereit erklärte – nach dem „Molitor“-Shooting war sie berühmt.
1968 emanzipiert auch den Bikini
Es sollte noch bis weit in die 60er Jahre dauern, bis der Bikini gesellschaftsfähig wurde. Das Bond-Girl Ursula Andress trug ihn im Thriller „Dr. No“. Paco Rabanne präsentierte ihn 1966 in Paris – an Plastikmodellen – und führte ihn damit sozusagen offiziell in die Modeszene ein. Für die 68er Generation wurde er zwar nicht gerade zum Symbol, aber durchaus zu einem Teil der kulturellen Rebellion.
Wenig später mutierte das frühere Skandal-Teil zum normalen Strand-Accessoire. Inzwischen in die Jahre gekommen, bleibt der Bikini aber trotzdem im Gespräch – jedenfalls dann, wenn Frau anfängt, über ihre diesjährige Bikini-Figur nachzudenken und die dann oft fällige Sommer-Diät in Angriff nimmt.
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