Keine Idee ist so bizarr, dass sich nicht irgendwann doch ein kongenialer Partner dafür findet – Gunther von Hagens mit seiner zwar für ein Massenpublikum attraktiven, aber nicht unumstrittenen Ausstellung „Körperwelten“ bildet da keine Ausnahme. Am Mittwoch wurden seine Ausstellungsräume im Berliner Postbahnhof zum Catwalk für die Models des aus Armenien stammenden Designers Eduard Howhannisjan.
Gruselkabinett und Publicity-Show
Die Show geriet zum Gruselkabinett. An den Leichen-„Plastinaten“ des Gunther von Hagens defilierten totenbleich geschminkte Models mit Skelettmasken und aufgemalten Totenköpfen vorbei oder gruppierten sich zusammen mit den „Körperkunstwerken“ um einen etwas verstörenden Pokertisch.
Dass das Event polarisieren würde, war klar. Der Tenor der öffentlichen Diskussion: von Hagens und Howhannisjan haben mit der Inszenierung eine Grenze überschritten, die Leichen wurden durch das Spektakel in einen würdelosen Kontext gestellt und als Kulisse missbraucht. Auch wenn man zugesteht, dass in Mode und Kunst nur wenige Tabus gelten sollten – falls man die Veranstaltung überhaupt dort verorten möchte – zielte das Konzept der beiden Exzentriker wohl weniger auf ein Mode-Event als eine provokative Publicity-Aktion.
Kollektion hielt Ambiente nicht stand
Beide nehmen die Debatte darüber übrigens gelassen. Von Hagens übermittelte das sarkastische Statement, dass er mit der Ausstellung schon immer die postmortale Schönheit im Blick hatte. Howhannisjan, der in der Modeszene bislang eher zu den unbekannteren Designern gehört, von einigen Kennern allerdings als „vielversprechend“ und extrem individualistisch eingestuft wird, pocht auf die Qualität und den Unikats-Charakter seiner Kreationen und erinnerte an frühere Eigenstatements, dass er nicht provoziere, sondern experimentiere. Anhand der vorgestellten Kollektion ließ sich das nicht nachvollziehen – die präsentierten Kleider waren jedenfalls unspektakulär, wenngleich der Brautkleider-Part die makabre Szenerie im Postbahnhof visuell unterstrich.
Kommentiere als erstes!